Tennis-Legende Boris Becker sprach immer von seinem „Wohnzimmer“ Wimbledon. Für die AXSE BasCats ist es das heimische ISSW. Vor über 400 begeisterten Zuschauern gewann der Aufsteiger mit 70:61 gegen die ChemCats Chemnitz sein fünftes Heimspiel in Folge und verbesserte seine Chancen auf den Klassenerhalt. Zwar gewann Göttingen gegen Hannover, liegt aber weiter vier Punkte zurück. Halle dürfte es nach der hohen Heimniederlage gegen Marburg bei sechs Punkten Rückstand schwer haben, den Klassenerhalt noch zu schaffen. Es war ein Sieg des Willens und der Fitness, und die kämpferische Leistung beeindruckte die Zuschauer. Die Stimmung im ISSW war grandios, stehend feierten die Fans die Vorstellung der Mannschaft.
Die AXSE BasCats legten einen hervorragenden Start hin, was vor allem an der blendend aufgelegten Vee Young lag. Die US-Amerikanerin wirkte wie aufgedreht. Die ersten sieben Punkte der Heidelbergerinnen kamen von Ihr. Nach ihrem 13:6 kam Chemnitz jedoch auf und war zur Viertelpause auf zwei Punkte heran. Zu Beginn des zweiten Viertel versenkte die starke Rachel Arthur (elf Punkten, fünf Assists) einen Dreier, gefolgt von zwei weiteren Punkten Vee Youngs. Aber Chemnitz verteidigte nun sehr stark, es gab kaum noch freie Würfe für die BasCats. Doch das Team kann mittlerweile auf taktische Änderungen beim Gegner reagieren und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Als Chemnitz zum 22:22 ausglich und Tiffany Jones-Smith das dritte Foul kassierte, nahm Brooke Le Mar das Heft in die Hand und markierte bis zur Pause noch sieben Punkte.
In der zweiten Halbzeit waren zunächst die Gäste mit der herausragenden Abigal Asoro und mit Kendall Noble besser im Spiel, ein 8:0-Lauf der AXSE BasCats ergab jedoch wieder eine Führung mit neun Punkten. Jones-Smith kassierte ihr viertes Foul, Asoro verkürzte von der Freiwurflinie, aber die clevere Brooke Le Mar traf fast mit der Viertelsirene zum 47:43. Bemerkenswert war, dass Trainer Dennis Czygan auch in engen Phasen teilweise mit drei deutschen Spielerinnen agierte. Das tun nicht viele Trainer in der Bundesliga. Laurien Lummer hatte gute Phasen, wenn sie aufs Feld kam. Wenn auch die Amerikanerinnen in den Statistiken dominieren, ist der Wert der deutschen Spielerinnen nicht noch genug einzuschätzen.
Die BasCats überstanden auch die kritische Phase Mitte des vierten Viertels, als McQuade aufdrehte und sieben Punkte in Folge markierte. Plötzlich lag Chemnitz mit zwei Punkten vorne, aber nervös wurden die Heidelbergerinnen nicht. Ihr Kampfgeist ist wirklich bemerkenswert, im Rebound waren sie mit 45:31 klar überlegen. Jones-Smith pflückte alleine 17, davon 12 in der zweiten Halbzeit. Zudem hatte sie vier Blocks in der Statistik stehen. Bei Vee Young waren es zehn Rebounds, auch sie schaffte ein Double-Double. Die Entscheidung fiel, als Anne Zipser nach einem vergebenen Freiwurf von Le Mar McQuade den Ball stahl und zum 68:61 einnetzte. Der Jubel in der Halle erreichte Orkanstärke.
Der letzte Korb von Brooke Le Mar 18 Sekunden vor Schluss zum 70:61 war von besonderer Bedeutung. Er sicherte den AXSE BasCats den direkten Vergleich, nachdem sie in Chemnitz mit 71:78 verloren hatten. Die Play-off-Teilnahme ist weiterhin möglich. Derzeit haben die TV Royals Saarlouis im Dreiervergleich die Nase vor Chemnitz und Heidelberg vorne. Das kann sich am nächsten Wochenende aber ändern. Dann spielen die Heidelbergerinnen in Saarlouis.
Stenogramm: 9:1 (3.), 13:6 (5.), 17:15 (10.), 22:15 (12.), 22:22 (13.), 35:26 (19.), 35:30 (Halbzeit), 43:34 (26.), 47:43 (30.), 52:47 (33.), 52:54 (34.), 58:56 (36.), 65:58 (39.), 70:61.
AXSE BasCats: Le Mar 18/1, Young 18, Arthur 11/1, Jones-Smith 10, Zipser 8, Kranzhöfer 3, Meusel 2, Lummer, Chatzitheodorou.
Chemnitz: Asoro 18/1, Noble 16/1, McQuade 14/2, Vidal Geneve 6, Barkley 4, Audere 3/1, Klerx, Peroche.
Rebounds: 45:31 (BasCats/ChemCats): Jones-Smith 17, Young 10, Kranzhöfer 4, Arthur 4 – Asoro 7, McQuade 5, Team 5.
Turnover: 14:6.
Wurfquote aus dem Feld: 48:36%
Dreierquote: 29:25%
Freiwurfquote: 67:70%
Stimmen zum Spiel:
Trainer Dennis Czygan: „Das war ein gelungener Nachmittag. Halle hat verloren, aber da Göttingen gewonnen hat, ist der Sieg umso wichtiger, um den Abstand zu wahren. Vee Young hat anfangs richtig aufgedreht und unsere Strukturprobleme übertüncht. Wir konnten zu Beginn unsere Setplays nicht so spielen wir geplant, das wurde dann aber besser. Unser Ziel war, Chemnitz 40 Minuten lang müde zu machen. Mitte des vierten Viertels hat das Team kurz aufgehört, zu verteidigen und wollte es offensiv entscheiden. Dann haben wir uns aber zwei Mal den Ball geholt und es entschieden. Brooke Le Mar hat das Spiel am Ende gut gelesen.
Anne Zipser: „Unser Start war sehr gut. Vielleicht haben wir dann gedacht, es geht so weiter und Chemnitz kam auf. Aber ein Basketballspiel verläuft immer in Wellen. Ich habe keine Angst gehabt, dass wir es verlieren können, als Chemnitz kurz führte. An den direkten Vergleich habe ich nicht gedacht, Dennis hat es uns in der Auszeit gesagt. Ich habe Platz acht schon im Hinterkopf, weil es möglich ist. Es wäre die Sahne auf dem Eis.“
Michael Rappe
Center Tiffany Jones-Smith zeigte gegen Chemnitz eine tolle zweite Halbzeit.
Foto: Tom Eisele