Saisonfinale im Zeichen des Abschieds

Es war ein in jeder Beziehung besonderer Abend. Schon um 18 Uhr ging es los mit einer Liveschalte des lokalen Senders Ron-TV ins Sportinstitut, mit der an die Öffentlichkeit geriet, was intern seit einem Tag bekannt war: Dennis Czygan beendet nach über 20 Jahren seine Tätigkeit als Headcoach der SNP BasCats USC Heidelberg und als Sportlicher Leiter beim USC. Die Mannschaft hatte es beim Abschlusstraining am Dienstagabend erfahren. Der Abschied von Manager Stephan Winkler war schon länger bekannt. Jammerschade, dass keine Zuschauer dabei sein durften. Nach dem Spiel gab es via Facebook und Instagram ein Livevideo mit Dennis Czygan und Stephan Winkler, moderiert von Mirko Spohn.

Irgendwie lag eine besondere Stimmung in der Halle. Nachdem die ganze Saison über mangels Zuschauern keine Einlaufshow gemacht wurde, wollte Stephan Winkler dies beim letzten Spiel gegen den Herner TC noch einmal tun. Und die Spielerinnen ließen sich etwas einfallen. Alexandra Wittinger mimte den Bogenschützen à la Usain Bolt, Olivia Nash machte einen Knicks, Michala Palenickova lief rückwärts, andere mit erhobenen Armen ein.

Dann begannen die letzten 40 Minuten von Dennis Czygan als Headcoach. Die Mannschaft hatte sich fest vorgenommen, ihm einen gebührenden Abschied zu verschaffen. Doch für Herne ging es im letzten Spiel der Hauptrunde noch um etwas. Der Titelverteidiger – das ist der deutsche Meister von 2019 faktisch noch immer, weil die letzte Saison abgebrochen wurde – wollte an Wasserburg vorbeiziehen und Zweiter werden. Entsprechend motiviert gingen sie zu Werke. Die Gäste waren vor allem physisch sehr stark und unter den Körben klar überlegen. Gerade im Offensivrebound konnten sich die SNP BasCats kaum durchsetzen.

Ein letztes Mal in voller Aktion: Trainer Dennis Czygan. Foto: Andreas Gieser

Nach dem 0:2 markierte Franziska Worthmann per Dreier zum 3:2 die ersten Punkte. Ein weiterer Dreier von Fallyn Freije brachte mit 10:9 die letzte Führung der SNP BasCats. Bei Herne war Laura Zolper kaum zu halten, sie hatten nach dem ersten Viertel bereits zehn Punkte. Doch insgesamt verteidigten die Heidelbergerinnen recht gut und sie machten es Herne so schwer, wie es nur irgendwie möglich war. Mit großem Einsatz und viel Tempo hielten sie die Partie offen, die erneut unbefriedigende Trefferquote verhinderte ein besseres Ergebnis. Ein Traum war der Angriff eine Minute vor Schluss der ersten Halbzeit, als Britta Daub, Michala Palenickova und Fallyn Freije sich den Ball in hohem Tempo zupassten, die US-Amerikanerin aber den leichten Korbleger vergab.

Den Beginn der zweiten Halbzeit bestimmte Herne, Sofia Pelander brachte ihr Team erstmals mit zehn Punkten in Führung. Fallyn Freije versuchte es teilweise mit Gewalt, zog jedoch unter dem Korb mit mehreren Versuchen hintereinander häufig den Kürzen (4/15 aus dem Zweipunktebereich). Mit einem 10:0-Lauf reagierten die SNP BasCats auf den Rückstand und glichen zur letzten Viertelpause aus.

Auch im vierten Viertel begann Herne stärker, weil es einfach besser traf. Loryn Goodwin sorgte mit acht Punkten sogar für einen 61:49-Führung der Gäste. Auch dies lähmte den Kampfgeist der SNP BasCats nicht. Beim 59:62 waren sie 24 Sekunden vor Schluss noch einmal in Schlagdistanz, mussten dann jedoch foulen. Herne verwandelte die Freiwürfe, Melina Karavassilis blieb es mit der Schlusssirene vorbehalten, die letzten Punkte der Saison zu erzielen.

Derweil umarmte sich der Trainerstab, mit Serena Benavente fiel die Umarmung Dennis Czygans besonders herzlich aus. Jede Spielerin umarmte er. Die Mannschaft überreichte ihm zum Abschied einen Ball mit Unterschriften in einem Glaskubus, Stephan Winkler bekam ein gerahmtes T-Shirt mit seinem Namen und der Nummer eins. Kapitänin Daub bedankte sich im Namen des Teams bei den Beiden. Die Aufbauspielerin fand die richtigen Worte.

Noch nie hatte es eine Liveübertragung bei Facebook und Instagram gegeben. Moderiert von Mirko Spohn begründeten Dennis Czygan und Stephan Winkler ihren Rückzug. Jeder konnte sehen, wie nahe ihnen dieser Abschied ging. Beide werden in irgendeiner Form noch weiter mithelfen. Eines stellte Dennis Czygan jedoch klar: „In jedem Fall werden die SNP BasCats nächste Saison in der 1. Bundesliga spielen.“

Eine völlig verrückte, herausfordernde Saison ist zu Ende. Platz zwölf in der Bundesliga, der in normalen Zeiten den Abstieg bedeutet hätte, und dann die „historische Sensation“ beim Top 4 mit dem Erreichen des Pokalfinales. Allen Beteiligten wird diese Saison unvergessen bleiben. Und Hallensprecher Gerald Hanbuch sprach die Hoffnung aus, die wohl alle haben. „Hoffentlich gibt es im September ein Wiedersehen mit Zuschauern.“ Der Weinkenner bedankte sich persönlich bei Czygan und Winkler mit einem Weinpräsent.

Gerade die medizinische Abteilung bekam durch die vielen Verletzungen und den engen Spielplan viel mehr zu tun, als ihr lieb sein konnte. „Ein großer Dank gebührt Dr. Markus Weber von der Sporthopaedie und Christos Karavassilis mit seinem Team von karafit für ihren großen Einsatz“, sagte Winkler.

Stenogramm: 3:2 (1.), 5:9 (3.), 10:9 (4.), 13:13 (5.), 17:22 (8.)., 19:22 (10.), 23:24 (12.), 27:29 (15.), 29:35 (Halbzeit), 29:39 (21.), 33:43 (23.), 43:43 (30.), 45:53 (34.), 49:61 (37.), 59:62 (39.), 63:66 Endstand.

Punkte SNP BasCats: Freije 21/3, Worthmann 13/3, Daub 8, Palenickova 4, Karavassilis 4, Wittinger 4, Kleinert 3, Butina 2, Moravcikova 2, Nash 2.

Herner TC: Zolper 18/3, Goodwin 16, Harris 9, Topuzovic 8, Pelander 6, Westerik 4, Polleros 3/1, Bully 2, Rouse.

Rebounds: 37:52 (BasCats/Herne): Nash 7, Daub 7, Freije 6 – Topuzovic 15, Harris 9, Goodwin 8.

Wurfquote aus dem Feld: 35,6%: 42,6%

Dreier: 31,6%:21,1 (6:19/4:19)

Freiwürfe: 81,2%:53,3%

Ballverluste: 16:19

 

Stimmen zum Spiel:

Trainer Dennis Czygan: „Wir haben gegen den nun feststehenden Tabellenzweiten Herne noch mal alles rausgehauen und gekämpft. Ich bin einmal mehr stolz auf dieses Team. Es war ein langer Prozess zu meiner Entscheidung, jetzt eine Pause einzulegen. Natürlich bin ich hier verwurzelt und habe alles aufgebaut. Es wird immer mein Baby sein.“

Michael Rappe

Beitragsbild: Nicole Gieser