Die (lokale) Basketball-Welt war überrascht. Als der Abschied von Berit Adrion nach 20 Jahren als Center beim USC Heidelberg auf der Homepage und in den sozialen Netzwerken publik wurde, schossen die Klickzahlen in die Höhe. „Ich denke, es war nicht für alle überraschend“, meinte die 28-Jährige jedoch. Gleichwohl fiel ihr der Abschied schwer.
Wer Berit Adrion kennt, der weiß, dass sie eher eine ruhige, gelassene Persönlichkeit ist. Doch als sie Ende Juni ihre Mannschaftskameradinnen informierte, dass sie ihre Basketball-Karriere beenden wird, da zeigte auch sie Emotionen. „Es sind Tränen geflossen, aber nicht nur bei mir“, erzählt Adrion. Schließlich ist ein langer gemeinsamer Weg zu Ende. Gleichzeitig macht sie klar, dass der Abschied endgültig ist. „Ich stehe hinter meiner Entscheidung, es ist das Richtige für mich“, so die gebürtige Heidelbergerin. Sie kann sich nicht vorstellen, dass ihr in einem Jahr plötzlich etwas fehlt. „Natürlich werde ich die Spielerinnen und Trainer vermissen, aber die kann ich auch privat sehen. Das Basketballerische werde ich nicht vermissen. Und Trainerin oder Schiedsrichterin werde ich definitiv nicht.“ Aber als Zuschauern möchte sie schon ab und zu ins ISSW kommen.
Berit Adrion hatte gegen Ende der Saison gemerkt, dass sie nicht mehr so die Motivation hatte, zum Training oder zu den Spielen gehen. In den Vorjahren hatte sie sich immer gegen Saisonende gesagt, „eine Saison spiele ich noch“. Dass es jetzt 20 Jahre geworden sind, das ist ein guter Zeitpunkt für sie. Und der erstmalige Medaillengewinn als Playoff-Finalist ist auch ein wunderbarer Abschied. „Das zweite Finalspiel gegen Bad Aibling war die Krönung. Es wird mir ewig in Erinnerung bleiben. Dass ich so etwas miterlebt habe, ist ein Geschenk. Ich habe noch nie vor so vielen Leuten gespielt. Ich bin froh, dass ich so ein letztes Spiel hatte.“ Als weiteres besonderes Spiel in ihrer Karriere nennt sie das dritte Playoff-Halbfinale 2010 gegen den späteren Meister KuSG Leimen, das nur mit einem Punkt (83:84) verloren ging – mit 15 Punkten von ihr. Und die Partie im November 2015 in Würzburg, wo sie erstmals 20 Punkte erzielte.
In der letzten Zeit war bei ihr der Wunsch, auch mal etwas anderes zu machen, immer größer geworden. Die Belastungen in der 2. Bundesliga waren hoch. „Ich möchte nicht mehr an Feiertagen trainieren oder spielen“, sagt Adrion. Beispiel: Ostersonntag 2016. Das Osterfrühstück mit der Familie musste sehr früh stattfinden und kurz ausfallen, da die Fahrt zum zweiten Playoff-Halbfinale nach Bamberg anstand. Hinzu kommt ihr stressiger Beruf als Erzieherin in einem Kindergarten in Dossenheim. Sie arbeitet Vollzeit mit ein- bis dreijährigen Kindern. „Das ist sehr anstrengend, auch körperlich“, so Adrion. Nach einem langen Arbeitstag über so viele Jahre noch ins Training zu gehen, das war nicht einfach.
Die besondere Chemie in der Mannschaft hat sie all diese Entbehrungen aushalten lassen. „Wir haben uns immer total gut verstanden, es gab kein Rumgezicke“, blickt die Centerin zurück. Die Position unter den Körben hat ihr immer gefallen, auch wenn sie nicht zu den Kräftigsten gehört hat. Sie war ganz selten krank oder verletzt, auf sie konnten sich Mannschaft und Trainer stets verlassen. Hätte sie im Aufstiegsfall auch aufgehört? „Ja, 1. Liga hätte ich nicht gespielt, der Aufwand ist zu groß. Vor ein paar Jahren hat mich das schon gereizt.“
Apropos Trainer. Mit Dennis Czygan verbindet sie „ein besonderes Verhältnis.“ 16 Jahre haben die beiden zusammengearbeitet. „Ich mag ihn sehr. Das gibt es nicht so oft, dass man so lange mit einem Trainer zusammenarbeitet. Er hat viel investiert und wollte immer oben mitspielen. Dafür haben wir viel getan, aber es war kein Drill, es war immer menschlich“, lobt Adrion ihren Coach.
Es begann alles in der zweiten Klasse in einer Schul-AG in Dossenheim. Berit Adrions ältere Schwester spielte bereits dort, sie selbst war mit Abstand die Jüngste. Ein Jahr später spielten sie in Kooperation mit dem USC die erste Saison, trainierten aber zunächst in Dossenheim weiter. Eine Zeitlang spielte Berit Adrion noch Badminton parallel, dann konzentrierte sie sich ganz auf Basketball. Sie machte alle Erfolge mit, stieg mit den BasCats in die 2. Bundesliga auf und erreichte sechs Mal die Playoffs um den Aufstieg in die 1. Bundesliga. Nach fünfmaligem Scheitern im Halbfinale gelang in diesem Jahr der Finaleinzug, wo Bad Aibling dann zu stark war. Den BasCats traut sie auch in der Zukunft viel zu. „Bei uns ist alles professioneller geworden. Mit Stephan Winkler haben wir einen Manager, die Scoutings von Chris Baum waren sehr effektiv. Wir hatten zur Gegnervorbereitung noch nie so viele Besprechungen.“
Künftig möchte sie wieder andere Ballsportarten ausüben, aber ohne Druck. Badminton und Volleyball zum Beispiel. „Ich kann mich für vieles begeistern, mit Freunden treffen, schönes Wetter genießen, Gitarre oder Klavier spielen – mir wird bestimmt nicht langweilig“, hat Adrion keine Angst vor dem basketballerischen Ruhestand. Außerdem ist ihr die Familie sehr wichtig, sie möchte wieder mehr ihre Geschwister, die weiter weg wohnen, besuchen.
Ein Abschlusssatz liegt ihr besonders am Herzen. „Ich bedanke mich beim Verein, bei der Mannschaft, den Trainern und den Fans und Sponsoren. Danke für das, was mir der Sport gegeben hat!“ Dem ist nur hinzufügen, dass umgedreht auch der Verein, das Umfeld und die Fans, ja die ganze Basketball-Region „Danke“ sagen. „Danke Berit für viele tolle Spiele. Wir werden Dich vermissen!“
Michael Rappe
Der größte Erfolg: Zweitliga-Vizemeister 2016. Foto: Tom Eisele
So kennt man Berit Adrion, hier im Spiel gegen Bad Homburg.
Foto: Tom Eisele
Hier in einem Spiel gegen Friendsfactory München in der Saison 2010/11.
Foto: Archiv
Auch damals schon die Größte: Berit in der D-Jugend. Foto: privat