Selten gab es im deutschen Sport ein solches Multitalent wie Volker Heindel. Er wurde am vergangenen Freitag (24.1.2020) 80 Jahre alt, ein Anlass, seinen Werdegang und seine Erfolge Revue passieren zu lassen.
In enger räumlicher Nähe, familiär und durch den Sport verbunden, wohnten Volker Heindel und sein Bruder Gerhard, ihr Onkel Kurt Siebenhaar (Basketballtrainer, später leitender Landestrainer) sowie ihr Cousin Hans Leciejewski (der spätere Meistertrainer und OSP-Leiter in Heidelberg) am Wasserturm in Eppelheim, im Haus der elterlichen Konditorei mit Café, wahrlich eine sportliche und sportbegeisterte Familie.
Volker Heindel war Schüler am Bunsen-Gymnasium in Heidelberg und dem Kurpfalz-Gymnasium in Mannheim. Auf das Abitur folgte ein Lehramtsstudium an der Universität Heidelberg (Biologie, Sport). Nach der Referendarzeit fand er eine Anstellung am Sportinstitut der Technischen Hochschule Karlsruhe und anschließend am Sportinstitut der Uni Heidelberg, an dem er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2005 blieb.
Schon früh fand der vielseitig Veranlagte seinen Weg in die Leichtathletik und in den Basketball. Sieben Mal wurde Volker Heindel mit dem USC Heidelberg deutscher Meister im Basketball (1957 – 1962, 1966), aber auch – mit der SG Leutershausen – zweimal im Handball, 1968 im damals neuen Hallenhandball und 1969 im Feldhandball. Die Feldhandballmeisterschaft, bei der das Endspiel vor 15.000 Zuschauern im Mannheimer Rhein-Neckar-Stadion ausgetragen wurde, gewann Leutershausen überraschend gegen den hohen Favoriten Grün-Weiß Dankersen. Da sich Volker Heindel nicht zwischen Handball und Basketball entscheiden wollte, kam er weniger oft in der Basketball-Nationalmannschaft zum Einsatz, als es bei einer Schwerpunktsetzung auf Basketball möglich gewesen wäre. 1964 wäre sogar eine Olympiateilnahme in einer gesamtdeutschen Mannschaft möglich gewesen – Heindel war ebenso wie Hannes Neumann einer der vier vorgesehenen bundesdeutschen Spieler, – aber die DDR verabschiedete sich kurz vor den Spielen aus dem gesamtdeutschen Projekt, womit die Teilnahme an den Olympischen Spielen in Tokio ein Traum blieb.
Zu Beginn seiner leistungssportlichen Karriere war er als Leichtathlet sehr erfolgreich. So wurde er bei deutschen Jugendmeisterschaften einmal Zweiter und einmal Dritter im Fünfkampf, wobei er neben seiner Sprintzeit von 11.0 sec auch erstaunliche 2:51 über 1000 m realisieren konnte. Ein 5. Platz im Kugelstoßen sowie zahlreiche badische Titel belegen, dass Volker Heindel auch als Leichtathlet eine große Karriere hätte erreichen können. Neben zahlreichen Hochschulmeistertiteln im Basketball und im Handball wurde er auch Hochschulmeister über 4x400m, übrigens zusammen u.a. mit dem Europameister über 4x400m und späteren Sportmediziner (u.a. der Fußball-Nationalmannschaft) Wilfried Kindermann. Nebenbei war er 1956 auch deutscher Jugendmeister im Basketball.
Highlights seiner Karriere gab es viele, vor allem aber das Europapokalspiel im Basketball gegen den Europacupgewinner Real Madrid, das am 18.12.1966 vor 1400 Zuschauern (!!!) in der Halle des ISSW nur knapp verloren wurde; im Rückspiel in Madrid wurde Volker Heindel, dessen Gefährlichkeit erkannt worden war, innerhalb von wenigen Minuten mit 5 Fouls auf die Bank geschickt. Ein weiteres Highlight war die Reise 1966 mit dem Basketballteam von Uni/USC Heidelberg nach Israel. Dieses Team hatte als erste deutsche Mannschaft eine Einladung zu einem Aufenthalt und Spielen in dem Land erhalten, das noch total vom Holocaust geprägt war, wahrlich eine Reise von Diplomaten im Trainingsanzug. Eine weitere prägende Reise ging 1962 mit den USC-Leichtathleten nach Ägypten, jeweils 5 Tage auf dem Schiff von Genua nach Alexandria und zurück, eine herrliche Reise und unvergessliche Erlebnisse im Land. Auf dem Schiff konnte Volker Heindel seine Meisterschaft im Skatspiel demonstrieren; im Basar in Kairo brachte er mit seinem Verhandlungsgeschick so manchen Händler zur Verzweiflung.
Volker Heindel war eher der Typ Mannschaftsspieler denn der Typ Einzelkämpfer, ein Mensch mit hoher sozialer Kompetenz. Nur beim Thema „Frau und Ball“ verzog er des Öfteren das Gesicht. Zahlreiche Sportsgrößen waren nicht nur sportlich seine Wegbegleiter, so etwa die Basketballer Hannes und Fritz Neumann, Klaus Weinand, Rassem Yahya, Jürgen Langhoff, Klaus Urmitzer, Jürgen Loibl oder die Handballer Felix Schmacke, Gerd Hönnige, Dr. Walter Schmitt und dessen Sohn Gerd. Auch Persönlichkeiten wie der DBB-Präsident und zeitweilige USC-Trainer Toni Kartak, sein Onkel Kurt Siebenhaar oder die ISSW-Direktoren Prof. Dr. Otto Neumann, Prof. Dr. Hermann Rieder und Prof. Dr. Klaus Roth schätzten ihn sehr. Nicht vergessen werden darf dabei natürlich auch Walter „Pulver“ Kaiser, das „Mädchen für alles“ der USC-Basketballer.
Auch als Trainer war Volker Heindel aktiv, sowohl bei den USC-Männern als auch bei den -Frauen; ab 1973 war er aber mit seiner Tätigkeit als Verantwortlicher für den Hochschulsport der Uni Heidelberg (er sorgte u.a. in der ISSW-Halle für das Anbringen der ersten Spielanzeigetafel in Deutschland!) so ausgefüllt, dass für eine Trainertätigkeit keine Zeit mehr blieb, zumal er in der Zwischenzeit seine Frau Inge – auch eine Basketballerin – geheiratet hatte und sich auch um seine beiden Kinder kümmern musste. Nach seiner Pensionierung entdeckte er Boule als Freizeit- und Wettkampfbeschäftigung.
Der USC Heidelberg wie auch die Universität Heidelberg können stolz darauf sein, eine so vielseitige und erfolgreiche Persönlichkeit in ihren Reihen gehabt zu haben.
Foto: Volker Heindel attackiert den Osnabrücker Korb
Text: Prof. Dr. Gerhard Treutlein