Jochen Kohlhaas (61) ist Basketball-Enthusiast, Unternehmer, Investor und der Macher im Hintergrund der BasCats USC Heidelberg. Im ausführlichen Interview erklärt der Gründer und Geschäftsführer eines Biotechnologie-Unternehmens, was ihn am Basketball seit seinen Studienzeiten in Bayreuth (Betriebswirtschaftslehre) besonders fasziniert und wie er die BasCats als feste Größe in Deutschland etablieren möchte. Im Verbund mit den Männern der MLP Academics und dem USC-Nachwuchs soll der hiesige Standort im Blickpunkt stehen und gemeinsam „Zusammen.wachsen“.
Jochen, Du bist der neue Antreiber der BasCats USC Heidelberg. Was motiviert Dich, den Damen- und Mädchen-Basketball langfristig zu unterstützen?
Jochen Kohlhaas: Basketball ist ein wunderbarer Sport. Während meines Studiums in Bayreuth hat mich das damalige Team um Bo Dukes, Michael Koch oder Calvin Oldham, gecoacht vom unvergessenen Lester Habegger, mit dem Basketballvirus infiziert. Über meine Tochter habe ich dann in Ludwigsburg erlebt, mit welcher Freude, Leidenschaft und Intensität die Mädchen spielen und trainieren und wie wenig das oftmals wertgeschätzt wurde. Als sich damals die U15-Mädchen und die U16-Jungen für die deutschen Meisterschaften qualifiziert hatten, da gehörte die Schlagzeile und der große Artikel in der lokalen Zeitung den Jungen, die Mädchen waren nur Randnotiz. Das hat andere Eltern und mich sehr geärgert. Ein Jahr später waren dann die Planungen abgeschlossen, und die Ludwigsburger Mädchen flogen zum Basketballspielen nach Boston in die USA, ein unvergesslicher Trip. Damals habe ich mir vorgenommen, wenn ich einmal etwas mehr Zeit habe, die Leidenschaft für den Basketball weiter brennt und ich Zugang zu den nötigen Ressourcen habe, dass ich mich dann einmal richtig für den Damen- und Mädchen-Basketball engagiere.
Meine Begeisterung für den Heidelberger Basketball ist im Grunde langfristig gewachsen. Viele Spielerinnen kenne ich schon recht lange. Als Fan auf der Tribüne habe ich erlebt, mit welch unverwechselbarer Energie eine Michala Palenickova, eine Helena Nägele oder eine Melina Karavassilis spielen oder gespielt haben. Immer gut – nein, aber die Leidenschaft und Intensität des Heidelberger Teams hat mich immer begeistert, und darauf kommt es an. Mit Dennis Czygan, Heidelbergs langjährigen „Mr. Damen-Basketball“, verbindet mich eine langjährige Bekanntschaft. Mit Dennis tausche ich mich seit Jahren über den Damen-Basketball aus, und mehr als einmal haben wir nach vorne geplant, „was wäre wenn“!
Es gibt also nicht den einen Auslöser für mein Engagement. Es ist die Liebe zum Basketball, die Begeisterung für das Team, the Heidelberg BasCats way to play, die langjährige Bekanntschaft zu Dennis, das Vertrauen zu den vielen Unterstützern und Mitmachern wie Helena, Uwe, Stephan, Chris, Oli, Robert oder Nicole, Till und zu all den vielen nicht genannten Helfer. Es war einfach Zeit, etwas zu machen und es ist wunderbar zu sehen, wie viele einfach mitmachen. Danke! Es gibt eine Aufbruchstimmung rund um die USC BasCats Heidelberg, und das ist wunderbar!
Wieviel Planungssicherheit hat der Klub also?
Jochen: Wir haben die Finanzierung so organisiert, dass der Heidelberger Damen-Basketball über die nächsten fünf bis sieben Jahre finanziell komplett abgesichert ist. Trotzdem werden wir die Gelder nicht in eine Vielzahl ausländischer Profis investieren, unser Augenmerk liegt auf der Ausbildung der Jugend. Wir wollen gegenüber den Nachbarvereinen eine Anlaufstelle für alle Altersstufen und für eine gezielte Förderung des Mädchen-Basketballs sein. Und auch überregional wollen wir offen für junge Basketballspielerinnen sein, die Mitglied in einem Kader sind, denen zu Hause aber die gezielte Förder- oder Entwicklungsmöglichkeit fehlt. Für diese Spielerinnen besteht die Möglichkeit: „Leben, lernen und trainieren im Vollzeitinternat“. Wir stecken auch noch in den Planungen eines Heidelberger Basketball- Stipendiums, um Basketball und Ausbildung noch besser zu verbinden.
Für unseren Weg werden wir Ausdauer und Geduld brauchen. Unser Weg ist auf kurze Sicht schwieriger, die Ausbildung junger Spielerinnen verläuft nicht linear. Es ist sicherlich einfacher, mit einer zusammengekauften Mannschaft, wie an manchen deutschen Basketball-Standorten, einen Erfolg zu produzieren. Das ist vollkommen in Ordnung, aber das soll nicht unser Weg sein. Wir denken nicht in Jahresrhythmen, sondern langfristig und nachhaltig. Unsere Benchmark ist ganz klar ALBA Berlin. Sie haben Spielerinnen aus der eigenen Jugend entwickelt und sind erstmals am 1. Mai 2024 deutscher Meister geworden. ALBA ist unser großes Vorbild, dem wir nacheifern wollen, wobei „we do it the Heidelberg BasCats way!“
Wie sehen denn die „neuen“ BasCats aus? Was habt Ihr konkret 2024/25 vor?
Jochen: Wir haben uns als BasCats zunächst eine neue Grundordnung, quasi eine Verfassung, gegeben, die die Werte, die wir leben wollen, definiert und uns intern klare Regeln gibt. Unsere Ziele sind die nachhaltige Förderung des Damen-Basketballs, wir bilden Talente aus und entwickeln diese und wir wollen künftig als Klub eine führende Stellung in der Jugendarbeit in Deutschland einnehmen. Egal in welcher Liga, wir werden nicht mit mehr als drei klassischen Importspielerinnen spielen. Unsere Devise lautet: Aus der Region für die Region – die Spielerinnen sollen möglichst mit der Region verwurzelt sein, ob aufgewachsen oder über Schule, Studium oder Arbeit in die Region gekommen. Wir erhoffen uns eine große Identifikation mit dem Team. Wir wollen in enger Kooperation mit den Vereinen in der Metropolregion Rhein-Neckar zusammenarbeiten, für uns sind die Vereine der Region Partner und Freunde, unabhängig von allen alten Rivalitäten.
Unsere Werte und Regeln sind unser Kompass, ohne einen solchen bist du verloren auf hoher See!
In der bald startenden Saison beginnt für uns ein Prozess. Wir werden mit einem sehr jungen und unerfahrenen Team in die Saison starten und wir wollen uns über Coaching, Entwicklung und Training von Spiel zu Spiel verbessern. Wir wollen ab Februar unseren besten Basketball spielen und wenn wir Glück haben und uns den Aufstieg sportlich erarbeiten, dann sind wir dazu auch bereit. Zudem muss sich auch das Team um das Team erst finden, weil wir in dieser Konstellation zum ersten Mal so zusammenarbeiten und wir Prozesse etablieren müssen.
Ein Basketball-Verein, der schrittchenweise nach Professionalisierung strebt, gleicht dem Aufbau eines kleinen Unternehmens. Wie gestaltest Du, in einem rührigen Team, die Umstrukturierungen und Anpassungen in einer Organisation wie den BasCats?
Jochen: Der Aufbau eines jungen Unternehmens und eines jungen Teams weist Gemeinsamkeiten auf. Die Grundsatzfrage ist stets, was brauchst du, um dauerhaft erfolgreich zu sein? Hierbei müssen Rollen besetzt, Zuständigkeiten geklärt sein. René Spandauw zum Beispiel ist nicht nur Coach der BasCats, er wird auch unser Head of Basketball sein, andere Abteilungen werden ebenfalls von kompetenten Leuten geführt. Mit René Spandauw, Coach Oliver Muth und Athletiktrainer Cieran Anderson werden wir kommende Saison drei hauptamtliche Stellen besetzen. Wobei die Drei viele Aufgaben in der Nachwuchsförderung übernehmen. Cieran stellt sicher, dass ein altersgemäßes Athletiktraining schon in der U12/U14 beginnt, Oliver wird die WNBL coachen und René ist dafür verantwortlich, dass die jungen Mädchen nach einem einheitlichen Konzept ausgebildet und trainiert werden.
Ich versuche weitgehend im Hintergrund zu bleiben. Wir sind und wir werden keine Ein-Mann-Show sein. So sehe ich meine Aufgabe darin, andere zu begeistern mitzumachen, die Strukturen und Prozesse der Organisation zu legen, die BasCats-Strategie zu entwickeln und umzusetzen, das Team, um das Team aufzubauen und eine Kultur des Vertrauens, des Miteinanders und des Gewinnens zu schaffen. Ich versuche zu initiieren, motivieren, treiben, und – vor allem – überflüssig zu werden.
Warum ist gerade die Einbindung, seien es Ex-BasCats-Spielerinnen oder generell junge Korbjägerinnen, von essenzieller Bedeutung?
Jochen: Es kann ja nicht sein, dass nur ältere Männer die BasCats führen. Wir integrieren junge Frauen, wie etwa Ex-Kapitänin Helena Nägele, in die Leitung, versuchen auszubilden, stehen mit Rat zu Seite, weil sie die Zukunft verkörpern. Sie brennen für den Basketball, bringen frischen Geist mit und haben viele Ideen. Wir reden immer in der Gesellschaft von Gleichstellung. Wenn wir nicht selbst im Kleinen damit anfangen, bleibt das ein Lippenbekenntnis. Die BasCats stehen für Respekt, Toleranz und Integration. Das zu leben, ist mir äußerst wichtig.
Im Sport läuft vieles über Emotion, Identität und Identifikation. Was muss im nächsten Jahr geschehen, damit BasCats, MLP Academics und auch der gesamte weibliche wie männliche Jugendbereich eine Einheit nach außen wie innen werden? Das Motto der Academics lautet ja schon länger „Zusammen.wachsen“ …
Jochen: Die Folge eines „Zusammen.wachsen“ ist: Wir werden „stärker.gemeinsam“ und in Folge werden wir „gemeinsam.siegen“. Ich sehe die Sache rundum positiv. Und ich bin glücklich darüber, dass die MLP Academics sehr offen sind. Heidelberg ist einer der coolsten und geilsten Basketball-Standorte in Deutschland. Als kleiner Bub am Niederrhein war mir der USC Heidelberg in den 70er Jahren schon ein Begriff. Ich erinnere mich, dass es früher etliche Heidelberger Duelle bei Damen wie Herren um den Meistertitel gab. So etwas sitzt in den Genen einer Stadt. Heidelberg ist jung, international, nachhaltig, zukunftsfähig, hat eine super Uni, beheimatet weltweit bekannte Unternehmen und hat ein attraktives Sportpublikum. Basketball kann etwas Verbindendes über Generationen und Geschlechter hinweg sein. Mein Credo heißt, gemeinsam noch stärker zu werden, um gemeinsam zu gewinnen.
Was in diesem Zusammenhang auch wichtig ist, die Leistungsteams des USC Heidelberg brauchen eine Heimat. Und in diesem Zusammenhang bin ich sehr positiv gestimmt, dass wir in Kürze mit dem Bau einer reinen Basketball-Trainingshalle beginnen können. Die Finanzierung steht, das Gelände ist definiert, jetzt geht es um Angebote, Planungen und hoffentlich den baldigen Baubeginn.
Zwischenzeitlich hatten sich die BasCats für eine Wildcard für die 1. Damen-Basketball-Bundesliga (1. DBBL) beworben, wurden vom Lizenzierungsausschuss aber abgelehnt. Wieso könnte dies für den Aufbau einer Basketball-Hochburg im weiblichen Bereich sogar positiv sein?
Jochen: Das stimmt. Wir wurden von der DBBL-Geschäftsführung ermuntert und eingeladen, uns um eine Wildcard zu bewerben. Das Wildcard-Verfahren sei ein ergebnisoffenes Verfahren unter sportlich nicht qualifizierten Mannschaften, in dem jeder Bewerber angehört wird und die gleichen Chancen hat. So die Ausführungen der Geschäftsführung. Zum Zeitpunkt der Bewerbungsabgabe wurde ich dann vom Aufsichtsrat der DBBL1 informiert, dass die DBBL1 entschieden hätte, dass für den Erhalt der Wildcard einzig die letztjährige Ligenzugehörigkeit entscheidend ist – somit hatten wir keine Chance mehr. Natürlich waren wir im ersten Moment enttäuscht, doch wir nehmen die Entscheidung sportlich und als zusätzliche Motivation.
Wir konzentrieren uns auf die Dinge, die wir selbst in der Hand haben, den Aufbau der Strukturen und des BasCats Programms. Schmunzelnd haben wir intern gesagt, man kann uns bremsen, aber richtig stoppen sicherlich nicht (lacht).
Mit René Spandauw wurde einer der renommiertesten Trainer im deutschen Damen-Basketball verpflichtet. Welchen Auftrag hat der Spielerinnen- und Talententwickler über die erste Mannschaft hinaus betrachtet?
Jochen: Für mich ist René viel mehr als ein Basketball-Trainer. Ich glaube, es gibt in Deutschland keinen, der mehr Erfahrung im Damen- und Mädchenbasketball hat als er. Er hat auf allen Ebenen erfolgreich gecoacht und gearbeitet. Sein Wissen und seine Erfahrung sind wesentlich für die Entwicklung der BasCats. Als wir intern, Robert Ukalovic, Dennis Czygan und ich, über mein mögliches „Engagement“ für die BasCats gesprochen haben, habe ich beiden gesagt, „wir brauchen einen Coach, wir brauchen externes Knowhow, um interne Verkrustungen aufzubrechen“. Schon im ersten Gespräch habe ich gefragt, ob René Spandauw nicht der Richtige für die BasCats sei. Ich weiß noch, wie Robert und Dennis damals lachten, mir sagten „mach mal“ und mir damit grünes Licht gaben. Dann ging alles schnell und der Rest ist Geschichte.
René Spandauw verkörpert im Grunde alles, was wir als Trainerprofil definiert hatten. René hat bewiesen, dass er kompromisslos auf Jugend setzt. Dass er mit jungen Spielerinnen arbeitet, sie besser macht. Dass er Talente entwickeln kann. Von Eurocup über DBBL über WNBL oder Nachwuchsinternat. Er ist ein Basketball-Lehrer im besten Sinne des Wortes. Und wir als BasCats und vor allem auch ich wollen ihm einen Raum schaffen, in dem er seine Visionen vom Basketball, von nachhaltiger Jugendarbeit und Talentförderung umsetzen kann. Wir planen bei den BasCats längerfristig mit ihm.
Deine 27-jährige Tochter Andrea Kohlhaas spielte einige Jahre in der englischen WBBL bei den Essex Rebels, zuvor war sie bei der San Jose State University an einem Division-1-College und in Deutschland in Ludwigsburg und Keltern aktiv. Was durfte Deine Tochter von ihrem Vater und umgekehrt vielleicht auch Jochen von Andrea im Basketball-Kontext lernen?
Jochen: Eine sehr gute Frage. Ich hoffe schon, dass ich ihr einige Werte vermitteln konnte wie Respekt anderen gegenüber – Verlässlichkeit – Toleranz – Verantwortung übernehmen – einfach machen – oder auch, Aufgeben geht nicht. Und wenn ich bedenke, dass sie sich in den USA und England durchgebissen hat, in den USA und England jeweils Captain ihrer Teams war – da glaube ich, ein wenig konnte ich ihr schon vermitteln. Und was mich besonders stolz macht, sie geht ihren eigenen Weg, auch wenn ich ihre Erfahrung sehr gut hier vor Ort gebrauchen könnte. So hilft sie mir eben aus der Ferne, schließlich kennt sie viele Spielerinnen, Coaches, und weiß, wie Teams funktionieren und Spielerinnen denken.
Du bist einerseits Gründer und Geschäftsführer eines in Heidelberg ansässigen Biotechnogie-Unternehmens namens Hummingbird Diagnostics, andererseits ein unternehmerischer, vielseitig interessierter Mensch. Was hat Dich veranlasst, den Kolibri in den Firmennamen aufzunehmen?
Jochen: Die Vorgänger-Firma hieß Comprehensive Biomarker-Center (CBC). Beim Klang dieses Namens rannten schon die Leute weg (lacht), zu lang und zu sperrig. Und auf der Suche nach einem neuen Namen sind wir über alte Spitznamen – Koli, Kolibri – auf Hummingbird Diagnostics gekommen. Ja, ich war mal klein, zierlich und flink – heute nicht mehr (lacht).
Bitte vervollständige folgenden Satz: Meine drei Kernbotschaften an alle Fans und Unterstützer des Damen- und Mädchen-Basketballs sind …
Jochen: … erstens, „Zusammen.wachsen“ bedeutet, in Heidelberg unterstützen die Fans die Herren (Academics) und die Damen (BasCats) gleichermaßen. Wir freuen uns über die Erfolge der Männer genauso wie über die Erfolge der Frauen. Zweitens: Unterstützt den Basketballsport, denn Basketball ist integrativ, verbindend, tolerant, schnell, aktiv und so viel mehr. Besucht die Heimspiele der Academics, der BasCats, der WNBL, NBBL, JBBL und der vielen anderen Heidelberger Mannschaften. Drittens: Damen-Basketball ist unterschätzt und macht Spaß, auch wenn wenig bis gar nicht gedunkt wird (lacht).
Jochen, danke Dir fürs interessante Gespräch.
Joachim „Jogi“ Klaehn
BasCats Heidelberg
Kommunikation und Medien